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Eine gründende Idee

Die WALA wurde bereits 1935 von Rudolf Hauschka ins Leben gerufen. 1953 firmierte sie dann als Offene Handelsgesellschaft (OHG). Welche Vorstellung hatten die Gründerinnen und Gründer der WALA damals vom Wert eines Unternehmens?

Rudolf Hauschka, Max Kaphahn, Maja Mewes und Margarethe Hauschka-Stavenhagen verstanden den Begriff „Unternehmen“ nicht als unbedingtes Streben nach materiellem Gewinn, sondern als Aufgabe. Auch das tägliche Tun der Mitarbeitenden sollte nicht von Gewinnmaximierung oder kapitalistischem Eigennutz der Eigentümerinnen und Eigentümer bestimmt sein. Die Aufgabe der WALA war und ist gemäß den Gründerinnen und Gründern, die Kundschaft mit menschengemäßen Arzneimitteln und später auch Kosmetika zu versorgen. Diese beruhen auf der Forschungsarbeit Rudolf Hauschkas, die er ab 1929 im Auftrag der Ärztin Ita Wegman in Arlesheim begonnen und später selbstständig fortgeführt hatte. Ihm und seinen Mitstreitenden war es wichtig, dass der Impuls dieser Arbeit fortgeführt wird.

Wie wurde damals versucht, den Gründungsimpuls zu sichern?

Zum einen wurde das über vertragliche Regelungen im Gesellschaftsvertrag versucht, die auch die Nachfolge und den Erbfall betrafen. Das Gründungsquartett war sich aber durchaus der Problematik bewusst, dass eine solche Zweckbindung immer auch auf den „Goodwill“ der Gesellschafterinnen und Gesellschafter angewiesen ist. Es war den vier Gründerinnen und Gründern zugleich ein Anliegen, dass das Unternehmen auch in ferner Zukunft noch den gleichen Zielen verpflichtet sein sollte, nach denen sie es gegründet hatten. Wie dies rechtlich „wasserdicht“ festzuschreiben sei, bereitete ihnen offenbar einiges Kopfzerbrechen. Anhand der Akten im Archiv konnte ich nachvollziehen, wie versucht wurde, dieses Problem über viele Jahrzehnte mit verschiedenen Beratern zu lösen.

Die Gründerinnen und Gründer der WALA OHG – von links nach rechts: Dr. Rudolf Hauschka, Max Kaphahn, Maja Mewes, Dr. med. Margarethe Hauschka-Stavenhagen.
Foto: WALA

Und die Lösung war letztlich die Überführung in eine Stiftung?

Ja, zu diesem radikalen Schritt entschlossen sich 1986 die beiden damaligen Gesellschafter, Karl Kossmann und Heinz-Hartmut Vogel. Sie waren die Nachfolger von Max Kaphahn respektive Margarethe Hauschka-Stavenhagen – und der WALA als Gesellschafter seit Jahrzehnten verbunden. Kossmann und Vogel wollten mit der Stiftungsgründung sicherstellen, dass das Unternehmen auch in Zukunft noch zuvorderst dem Gründungszweck verpflichtet ist.

Welche Konsequenzen hatte diese Entscheidung für die Gesellschafter und das Unternehmen WALA?

Beide verzichteten auf ihre betrieblichen Eigentumsrechte und übertrugen den größten Teil des Firmenvermögens der nicht gemeinnützigen WALA Stiftung sowie einen kleineren Teil der gemeinnützigen Dr. Hauschka Stiftung. Seitdem ist die WALA Heilmittel GmbH der wirtschaftende Betrieb und die WALA Stiftung ihre alleinige Eigentümerin. Weder eine Familie noch Einzelpersonen noch juristische Personen können die Vermögenswerte beeinflussen oder beanspruchen. Eigennützige Aktivitäten und Absichten sowie die Ausübung von Macht aufgrund von Kapitalbesitz sind konsequent ausgeschlossen. Zudem ist der Stiftungszweck in einer Satzung festgeschrieben, über deren Einhaltung eine staatliche Behörde wacht.

Heute ist dieses Thema wieder brandaktuell. Derzeit wird eine neue Unternehmensform „Unternehmen in Verantwortungseigentum“ eingeführt. Was bedeutet Verantwortungseigentum?

Geplant ist eine neue Rechtsform, in der Sinn und Zweck einer Firma an erster Stelle stehen. Das Kapital eines solchen „Unternehmens in Verantwortungseigentum“ soll somit der Spekulation entzogen werden. Im Prinzip wäre das genau die Lösung für die WALA gewesen, die die Gesellschafterinnen und Gesellschafter lange gesucht haben. Sicherlich ist das Modell „Unternehmen in Verantwortungseigentum“ nicht für jedes Unternehmen geeignet, aber für Familienunternehmen, bei denen die Nachfolge nicht geregelt ist, bietet es sich zum Beispiel an. Auch für Gründerinnen und Gründer dürfte das eine attraktive Option sein. Wie das Modell schon umgesetzt wird und auch zukünftig umgesetzt werden kann, wurde aktuell auf dem Tag des treuhändischen Unternehmertums diskutiert.

Vielen Dank für das Gespräch.

Dr. Philip Lettmann, Vorsitzender der Geschäftsleitung der WALA (4. von links), konnte sich persönlich mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei VE:23 austauschen.
Foto: Anna Wyszomiersk

„Eigentum verpflichtet“

Diesem Grundsatz gibt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in einer Zeit tiefer Umbrüche Sichtbarkeit. In seiner Eröffnungsrede bei VE:23, dem Tag des treuhändischen Unternehmertums in Berlin, stärkte er die teilnehmenden Unternehmen in puncto Verantwortungseigentum:

„Jedes Unternehmen, das auch nur etwas von dem ernst nimmt, was wir im weitesten Sinne unter dem Begriff ,Verantwortungseigentum‘ verstehen, stärkt die Kraft der Idee der freien und sozialen Marktwirtschaft, stärkt die freiheitliche Ordnung, auch in der globalen Konkurrenz der Systeme.“