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Anwendung ist Zuwendung

Christina Haubrich und Dr. Armin Dörr haben sich für ihr Gespräch an einem besonders „ertragreichen“ Ort getroffen: im WALA Heilpflanzengarten.
Foto: Christine Joos

Christina Haubrich:

Zunächst einmal muss ich sagen, dass ich total begeistert bin vom WALA Heilpflanzengarten. Er steht sinnbildlich dafür, achtsam und im Einklang mit der Natur zu wirtschaften.

Die meisten Menschen verbinden mit Kneipp immer Wasser. Das ist zu reduziert. Alle Elemente sind wichtig. Die Kneipp-Philosophie ist eine Philosophie für eine ganz moderne und gute Lebensweise: Bewegung, gesunde Ernährung, Abhärtung zur Stärkung der Abwehrkräfte, aber auch eine gewisse Ordnungstherapie. Was tut mir gut? Eigentlich handelt es sich um eine moderne Gesundheitsphilosophie.

Armin Dörr:

Ja, absolut. Auch unsere Arzneimittel zielen auf diesen Selbstheilungsimpuls hin.

Christina Haubrich:

Das Thema Selbstheilungskräfte ist so wichtig. Im Umkehrschluss darf man nicht glauben: Wenn du krank wirst, hast du etwas falsch gemacht. Krankheiten gehören zum Leben dazu. Aber vor allem bei Krankheiten, die auf Umweltfaktoren wie viel Stress, wenig Schlaf oder ungesunde und einseitige Ernährung zurückzuführen sind, kann ich selbst viel dazu beitragen, wieder gesund zu werden und es zu bleiben.

Die Pandemie hat uns gezeigt, dass unser Gesundheitssystem Grenzen hat. Hier sehe ich großes Potenzial in der Förderung von Präventionsmaßnahmen. Der Mensch und sein Abwehrsystem sollten so stark sein, dass er mit dem, was kommt, umgehen kann.

Armin Dörr:

Das Fatale zu Beginn der Corona-Zeit war u. a., dass die Sportvereine so schnell zugemacht wurden, auch der Außensport. Gerade für die Kinder, bei denen Adipositas zunimmt. Das ist langfristig ein echtes Gesundheitsproblem – da kommen wir schon zum nächsten Thema: gesunde Ernährung.

Christina Haubrich:

Ich sehe aktuell, wo alles teurer wird, ein großes Problem für die Familien. Wir geben prozentual zu wenig für Lebensmittel aus, aber wenn der Wohnraum so teuer ist, wie sollen Familien das machen?

Gute Ernährung beginnt schon im Kindergarten. Darum haben wir unser Programm für diese Zielgruppe. Mittlerweile gibt es über 400 vom Kneipp-Bund anerkannte Kindertageseinrichtungen, die die Kinder spielerisch an eine gesunde Lebensweise heranführen.

Armin Dörr:

Auch die Pflege ist ein Multiplikator für unser beider Anliegen. Wenn ich in die Kliniken schaue, sind die entsprechenden Arzneimittel, wie beispielsweise in der Schmerztherapie, fast immer über die Pflege reingekommen – vielleicht, weil diese Berufsgruppe doch näher am Patienten ist. Dafür braucht es aber Zeit und Muße, die leider viel zu kurz gekommen sind. Anwendung ist Zuwendung.

Christina Haubrich:

Ein tolles Beispiel ist die Klinik für Naturheilkunde in Harlaching, eine der führenden integrativmedizinisch arbeitenden Kliniken in Deutschland. Man arbeitet dort mit ätherischen Ölen, Wickeln usw.

Die Menschen wollen das. Das wird oft übersehen, wenn Kritik geübt wird.

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Armin Dörr:

Wenn Sie Bundesgesundheitsministerin würden, was wäre Ihr wichtigstes Thema?

Christina Haubrich:

Das wichtigste Thema für mich wäre die Prävention, gar keine Frage. Das kann man nüchtern betrachten, unter finanziellen Gesichtspunkten. Wenn die Menschen erst gar nicht krank werden, dann spare ich auch am meisten Geld. Mir ist unklar, warum darauf nicht noch mehr Wert gelegt wird. Da kann man mit einfachen Mitteln so viel tun.

Es gibt noch so viele andere wichtige Themen im Gesundheitswesen – Klimawandel und Gesundheit zum Beispiel. Wenn wir nicht gut mit unserem Planeten umgehen, dann werden wir noch viele neue Viren bekommen. Es hängt alles davon ab, wie wir miteinander und mit der Umwelt umgehen – wir Menschen gehören klar dazu. Ich bin jetzt zunehmend im Kämpfermodus.

Ich empfinde es auch als eine unglaubliche Arroganz, dass Leute sagen, integrative medizinische Verfahren taugten nichts, wenn zwei Drittel meinen, sie tue ihnen gut. Das kann man doch nicht einfach ignorieren.

Armin Dörr:

Das ist auch unsere Forderung an die Politik. Der Bedarf ist da. Es bräuchte viel mehr Forschung. Wir als Unternehmen können das nicht alleine stemmen. Deswegen sind wir hier in Baden-Württemberg so froh, dass auch die Landesregierung, wie in Bayern, Lehrstühle einrichten will, damit geforscht wird.

Und es braucht multimodale Therapiekonzepte. Es ist ja nie nur das Arzneimittel allein, das wirkt, sondern die Kombination mit der Zuwendung, der Anwendung. Dies wissenschaftlich zu begleiten und den Nutzen dieser Therapiekonzepte zu evaluieren, ist das, was wir brauchen und wofür wir uns einsetzen.

Christina Haubrich:

In den Kliniken wird aber leider ganz massiv drauf geschaut, welche Therapien sich rechnen. So kommen wir wieder auf die Grundsatzfrage: Ist Gesundheit ein Wirtschaftssystem? Da machen wir noch ein größeres Fass auf.

Armin Dörr:

Die WALA als Stiftungsunternehmen ist sehr besonders. Wir haben das große Glück, dass die WALA Stiftung uns nicht nur erlaubt, sondern uns sogar gebietet, diese Idee in die Zukunft zu tragen.

Christina Haubrich:

Es ist dringend Zeit für eine grundlegende Reform. Wir brauchen ein Gesundheitssystem, das sich ganz deutlich am Bedarf der Menschen ausrichtet. Um all unsere Zivilisationskrankheiten in den Griff zu bekommen, muss der Präventionsgedanke viel stärker im Mittelpunkt stehen.

Zwei, die viel gemeinsam haben.
Foto: Christine Joos

Das Interview in voller Länge finden Sie im Magazin unserer WALA Arzneimittel.