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Raumpflege ist Seelenpflege

Putzen ist für viele Menschen eine lästige Pflicht. Für Sie jedoch ist diese dienende Tätigkeit nicht nur Beruf, sondern auch Berufung geworden. Das Thema begleitet Sie nun schon seit über 30 Jahren. 1988 gründeten Sie in der Schweiz ein „ökologisches Reinigungsinstitut“. Heute sind Sie als Buchautorin und Referentin erfolgreich – und vertreten die These, dass Putzen nicht gleich Putzen ist. Wie dürfen wir das verstehen?

Linda Thomas:

Es gibt in der Tat einen gravierenden Unterschied. Manche Menschen putzen nur, während andere pflegen. Auf den ersten Blick erscheint das Resultat identisch. Aber bei genauerer Betrachtung ist es doch etwas anderes. Das habe ich selbst erfahren. Durch meine Liebe zum Hausfrauenberuf konnte ich in den Pflichten des Alltags einen anderen Sinn entdecken. Eine ganz neue Welt eröffnete sich mir schließlich durch die professionelle Reinigung.

Sie sprechen von jener Zeit, als Sie in den 80er-Jahren das Putzen zum Beruf machten. Was hat sich da verändert?

Linda Thomas:

Damals habe ich oft nachts gearbeitet. Ich fragte mich immer wieder, wie ich das auf Dauer aushalten sollte. Irgendwo habe ich dann den Satz gelesen: „Wenn du nicht tun kannst, was du liebst, dann lerne zu lieben, was du tust!“ Das hat mich zum Nachdenken angeregt. Die Konsequenz daraus war, dass ich versucht habe, das Putzen zu lieben. Quasi ein Impuls für ein anderes Denken und Handeln. Beides habe ich mit regelmäßigen Übungen immer weiter verfeinert. Sie werden es kaum glauben: Mit der Zeit hat sich in mir Grundlegendes verändert – meine Einstellung zu dieser Tätigkeit, mein Verhalten, meine Gestik. Das haben sogar meine Kundinnen und Kunden bemerkt.

Entstand durch dieses Umdenken ein neuer Prozess?

Linda Thomas:

So kann man es sagen. Ich habe realisiert, dass ich beim Putzen lediglich Schmutz entferne – der schnell wieder zurückkehrt, sobald Menschen die Räume betreten. Wenn ich es aber schaffe, meine Aufgabe mit Liebe auszuführen, mit Hingabe, mit einem Bewusstsein, dann ändert sich die Dimension. Dann berühre ich nicht nur physisch, sondern wandle die Atmosphäre im Raum. Es ist eine Spiritualität, die sich verbreitet. Durch die Seelenqualität, die das Handeln ergänzt, wird das Putzen zur Pflege. Dadurch beseitige ich nicht nur Schmutz, sondern schaffe gleichzeitig Raum für etwas Neues.

Was bedeutete diese Veränderung für das Ergebnis Ihrer Arbeit?

Linda Thomas:

Sie bedeutete damals wie noch heute: Nachhaltigkeit. Das ist ja das Wunderbare daran. Wenn ich einen Raum pflege, ist das Resultat wesentlich dauerhafter, als wenn ich ihn „nur“ putze. Oder noch konkreter: Die Sauberkeit hält länger an. Ich möchte Ihnen hierzu eine kleine Geschichte erzählen: Eine ältere Dame hatte einen Artikel über mich gelesen und bat mich, ihren Frühjahrsputz zu übernehmen. Es solle dann ja länger sauber bleiben. Nach zehn Tagen rief sie mich an und sagte: „Es stimmt also! Wissen Sie, Frau Thomas, ich habe ja bereits eine Hilfe, die wöchentlich kommt und mir die Wohnung reinigt. Aber nach kaum drei Tagen liegt schon wieder überall Staub. Nach Ihrem Einsatz habe ich jeden Tag kontrolliert. Und erst heute konnte ich wieder Staub entdecken.“

Linda Thomas wurde 1953 in Südafrika geboren und erlebte dort ihre Kindheit und Jugend mit sechs Geschwistern. Nach dem Schulabschluss lernte sie ihren zukünftigen Mann kennen, mit dem sie 1977 in die Schweiz kam. Um ihren beiden Kindern den Besuch der Waldorfschule zu ermöglichen und die Schulgebühren zu bezahlen, musste Linda selbst ausreichend Geld verdienen. Im März 1988 gründete sie deshalb ein „ökologisches Reinigungsinstitut“ in Arlesheim, das damals als einmalig in der Schweiz galt.
Linda Thomasʼ Forschungsfrage lautete stets: „Wenn es richtig ist, an jedem Ort und durch jede Tätigkeit in der Welt spirituell wirksam sein zu können, so muss es auch durch die tägliche pflegerische Putzarbeit im Haushalt und in der beruflichen Welt möglich sein.“

Das war sicher ein schönes Erfolgserlebnis für Sie! Wie ist denn Ihrer Meinung nach der Zusammenhang von Ordnung und Sauberkeit?

Linda Thomas:

Beide hängen für mich sehr eng zusammen. Einen Raum, in dem Unordnung herrscht, kann ich nicht richtig pflegen. Um sauber zu machen, brauche ich Freiraum. Wenn sich zum Beispiel auf dem Schreibtisch in einem Büro die Unterlagen stapeln, dann ist es für mich unmöglich, dort abzustauben. Also muss der Mitarbeiter zuerst Ordnung schaffen, wenn er Wert auf Sauberkeit legt. Dasselbe gilt im Privatbereich. Ordnung und Sauberkeit sind zwei Seiten einer Medaille.

Die WALA beschäftigt sich intensiv mit Fragen der Ökologie und den Auswirkungen des eigenen Handelns für die Umwelt. Wie kann man den Anspruch erfüllen, ökologisch verträglich zu putzen?

Linda Thomas:

Auf dem Markt sind zahlreiche ökologische Reinigungsmittel erhältlich. Allerdings sollte man beim Kauf wirklich genau aufs Etikett schauen. Denn inzwischen verwenden sehr viele Hersteller den Begriff „bio“. Für mich sind Duftstoffe ein entscheidendes Kriterium. Wenn ein Produkt als 100 Prozent abbaubar ist, aber synthetische Duftstoffe enthält, handelt es sich in meinen Augen nicht um ein natürliches Produkt.

Welche Reinigungsmittel brauchen wir denn überhaupt in einem Privathaushalt?

Linda Thomas:

Aus dem Chemieunterricht wissen wir: Saure Reinigungsmittel lösen Kalk, alkalische lösen Fett. Im Grunde genügen also Zitronensäure, Waschsoda und Wasser. Entscheidend für ein zufriedenstellendes Ergebnis ist immer gutes Werkzeug – zum Beispiel hochwertige Reinigungstücher, wie sie Profis benutzen. Für Teller, Tassen, Gläser ist außerdem ein gutes Geschirrspülmittel nötig, für die Waschmaschine das richtige Waschmittel. Auf geseiften Bodenbelägen verwende ich gerne weiße Marseiller Seife. Nur für die Pflege geölter Böden ist zusätzlich ein Spezialmittel nötig, sonst gibt es Schlieren.

In einem Ihrer Bücher erwähnen Sie, dass Sie auch mit WALA Produkten reinigen?

Linda Thomas:

Ja, das stimmt. In einem Altersheim, in dem ich tätig war, hatten viele Menschen aufgrund der verwendeten Desinfektionsmittel in den Bädern Ekzeme entwickelt. Sie mussten alle medizinisch behandelt werden. Ich überlegte, was ich dagegen tun könnte, und kam auf den Rosmarin-Badezusatz von Dr. Hauschka.1 Das hat wunderbar funktioniert. Die Räume wurden sauber und die betagten Menschen bekamen keine Hautausschläge mehr. Und wenn mir beim Pflegen etwas ganz besonders am Herzen liegt, gebe ich immer einige Tropfen kostbares Rosenöl ins Wasser.

Nun sind Sie seit 2017 pensioniert und Ihr Schwerpunkt liegt auf Ihren Vortragsreisen. Putzen Sie noch selbst?

Linda Thomas:

Zuhause putze ich seit meiner Pensionierung wieder selbst. Früher, als ich noch berufstätig und zusätzlich oft auf Reisen war, fehlte mir dazu die Zeit. Außerdem war ich stets hin- und hergerissen zwischen Haus- und Gartenarbeit. Meistens hat der Garten gewonnen. Eine Studentin übernahm in dieser Zeit die Reinigung für mich. Sie führte alles genau so aus, wie es meiner Vorstellung entsprach. Nur abstauben durfte sie nicht, das war für mich die Seelenpflege meines Hauses. Das habe ich immer selbst gemacht. Jetzt hole ich nur noch Unterstützung, wenn ich längere Zeit am Stück unterwegs bin. Mein Mann arbeitet am Goetheanum2 in Dornach. Er sitzt sozusagen an der Quelle und wir finden immer wieder Studierende, die diese Aufgabe in meiner Abwesenheit gerne übernehmen. Wenn ich von einer Reise zurückkomme, nehme ich immer als Erstes wieder Kontakt mit meinem Zuhause auf, indem ich mein Heim pflege.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

1 Das erwähnte Dr. Hauschka Rosmarin Bad wurde inzwischen eingestellt. Eine Übersicht aller aktuell verfügbaren Badezusatz-Produkte gibt es hier: https://www.drhauschka.de/naturkosmetik/badeoele-bademilch/

2 Das Goetheanum ist die freie Hochschule für Geisteswissenschaft in Dornach, Schweiz. Weitere Infos unter: www.goetheanum.org