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Sinnen über den Fluss des Lebens

Christiaan Mol kam 1996 zur WALA, wo er zuletzt die Gruppe Interessenvertretung/Recht leitete. 2018 wurde er in den Vorstand der WALA Stiftung berufen.

Der Strom der Geschehnisse ...

Manchmal erlebe ich die Welt nahe und klar, manchmal ist das Gegenteil der Fall ... Entsprechend fühle ich mich verbunden oder eben nicht ... Mein Fühlen meldet sich dann unterschiedlich: mit Freude, Trauer, Wut, Ohnmacht, Reue, Dankbarkeit ... Kann ich ein wenig mehr Klarheit über den Gang des Lebens und der Geschehnisse bekommen?

Die Fragen

Gehören ich und meine Erlebnisse zusammen? Trifft mich der Fluss des Lebens wie von außen oder bin ich mit allem, was mir begegnet, verbunden? Bin ich es immer selbst, der einmal wie in einem Punkt konzentriert in den Grenzen der Haut steckt und ein andermal gewissermaßen im Umkreis lebt, in allem, was mir als Erlebnis entgegenkommt?

Ich suche nach einem Raum, um die Fragen zu besinnen

Dort steht die Kathedrale meiner Stadt. Ich möchte hineingehen. Ich laufe durch das Portal, viele kleine Statuen, als kämen sie aus der Wand, schauen mich an. Sie begleiten mich auf diesem kurzen Weg vom Kirchplatz in das Innere der Kirche. In diesem Übergang lasse ich bewusst den Kirchplatz hinter mir zurück. Ich bin gespannt auf den Innenraum, den ich nun betreten werde. Dort angekommen, sammle ich mich kurz, dann weite ich mich: Mein Blick dringt hinter die Säulen, streift an der Decke entlang, sucht Gemälde, folgt den Umrissen einiger Statuen, betastet den ewigen Stein der Säulensockel, der da so zuverlässig die Kirche durch die Jahrhunderte getragen hat. Vorsichtig dringt mein Blick zum Altar und ich frage mich, was wohl dort jüngst geschah ... Ich merke: Der Innenraaum bewirkt, dass ich zur Ruhe komme. Obwohl der Raum begrenzt ist, kann ich mich relativ einfach weiten, entspannen.

Blick aus der Ruhe

Ich fühle mich gleichzeitig nüchtern wie auch wohl. In mir schwingen der Innenraum sowie die Welt draußen, verbunden durch die Geschichten in den bunten Glasfenstern. Ich sinne über gestern wie auch über morgen nach: mit einer gewissen Leichtigkeit, mit Gelassenheit und mit Interesse. Erinnern, Besinnen, Denken und Überlegungen zu morgen füllen die Seele. Ich merke, wie ich innerlich die verschiedenen Gedanken abzuwägen beginne, wie eine schwingende Waage, wie ein geruhsamer Wellengang am Ufer. Ich erlebe mich dabei in der Mitte, schwinge hin und her, in einer bestimmten Ordnung und Dynamik, welche die unterschiedlichen Dinge mitnimmt und berücksichtigt: Ich und Welt, Innen, Außen, Gestern und Morgen. Was war gut, was weniger?

Mein Fühlen schwingt mit, es wird differenzierter, schenkt den Seeleninhalten eine jeweils andere Farbe. Ich lausche. Ich merke, wie der Innenraum mit seinen Gestaltungen und Richtungen, die Decke oben, die schweren Sockel unten, die bunten Fenster, das Links und Rechts der Kirchengänge zu den Erlebnissen in meinem Inneren passen. Die Orgel erklingt. Es wird noch stiller und aufmerksamer in mir. Die Gefühle antworten quasi jedem Klang anders und genau.

Liebe zur Welt

Beim Hinlauschen bemerke ich den Fluss der Zeit – wie einen Raum, in dem ich bin. Ich merke auch, dass dieses Sinnen mich betroffen macht, mein Herz regt sich ... Ich höre etwas wie einen sanften Aufruf: präsent zu sein, anwesend zu sein, die Dinge um mich aufmerksam wahrzunehmen und zu würdigen. Ich spüre, wie alles, was mir begegnet, dadurch ein Quäntchen mehr Sinn ergibt. Dadurch, dass ich als Mensch es wahrnehme und achte.

Fühlen und Besinnen

Ich merke, dass ich mich fühlend mit der Welt verbinde. Mit meiner eigenen Welt, der Welt, die mir begegnet. Der seelische Vorgang des Fühlens erscheint mehr als derjenige, welcher mich mit der Welt verbindet, der einen Besinnungsraum im Inneren eröffnet und von da aus in die Welt schwingen kann ...

Das Rhythmische in mir und in der Welt

Ich erlebe das Rhythmische in meiner Seele und ahne, dass dieses Erlebnis wohl allgemein menschlich ist ... Das Rhythmische in mir verbindet mich mit der Welt, so blitzt es in mir auf ...
Falls auch der Kosmos, in dem ich bin, zu mir sprechen wollte, dergestalt dass ich mich mit ihm innig verbinden könnte, so würde der Kosmos bestimmt in Rhythmen zu mir sprechen ...