Was wollen Sie lesen? Entscheiden Sie sich für eines unserer Themen.


Alle sind plötzlich grün – und keiner wird dabei rot

Salon Luitpold c/o WALA: „Über Greenwashing und echte Nachhaltigkeit“. Mit Carmen Grebmer, Leo Frühschütz, Nicoline Wöhrle, Mirjam Smend.
Foto: Salon Luitpold

Alle sind plötzlich grün – und keiner wird dabei rot

Auf dem Rücken den Rucksack aus Meeresplastik, am Arm den Jutebeutel und darin Tomaten vom größten Biohändler des Landes: Sich für die Umwelt zu engagieren, gehört längst zum guten Ton. Dieses Commitment nach außen zu tragen, ebenfalls – bei Unternehmen und Kundschaft gleichermaßen. Doch ist die Nachhaltigkeit, mit der manche Marken werben, wirklich verlässlich? Und was bedeutet eigentlich „Greenwashing“?

Grün gewaschen ist nicht grün gewachsen

Greenwashing ist, salopp gesagt: wenn ein Unternehmen oder ein Produkt vorgibt, nachhaltiger zu sein, als es tatsächlich ist. Beginnt aber dieser „grüne Anstrich“ zu blättern, wirft das ein ganz schlechtes Licht auf Marke und Produkt. Und doch wird Greenwashing fast schon systematisch betrieben. Denn der Appell an das „grüne Gewissen“ der Kundschaft verspricht mehr Umsatz und höhere Profite. Oft ist Greenwashing nur schwer zu erkennen. Denn nicht immer kommt es so plump daher wie dasjenige einer großen Ölfirma, die vorgab, umweltschonende Lösungen für regenerative Energien anzubieten.

Auch beim Wocheneinkauf heißt es „Augen auf“. Manche Produkte sind tatsächlich bio, andere geben das nur vor. Warum sie trotzdem in den Einkaufskörben landen, selbst von Menschen, die Wert auf einen ökologisch nachhaltigen Lebensstil legen? Ganz einfach: aufgrund von Alltagsstress, Zeitnot und alten Routinen. Wer nach Feierabend schnell noch den Einkauf erledigt, lässt sich von einer marktschreierischen Optik leicht beeindrucken: Das Duschgel hat einen blumigen Namen – ist bestimmt Naturkosmetik. Die Tomaten liegen im Körbchen mit Jute-Optik: sehen echt gesund aus. Den Joghurtbecher schmückt eine Plastikfolie mit Holzmotiv: macht einen ökologischen Eindruck. Wer hier mit gutem Gewissen zugreift, ist oft mitten hinein getappt in die Greenwashing-Falle.

Siegel, Label & Co.

Sind das nun optische Täuschungen, bewusste Manipulationen durch Hersteller und Einzelhandelsketten? Oder müssen sich all diejenigen, die wirklich und echt nachhaltig leben wollen, einfach besser informieren? Stehen nicht auch Politik und Unternehmen in der Pflicht, dem Greenwashing ein Ende zu bereiten? Und wie könnte das klappen? Bringen Siegel und Auszeichnungen Klarheit?

Das Problem: Es gibt kaum staatliche oder auch nur einheitliche, unabhängige Siegel. Unternehmen dürfen beispielsweise ihre Produkte mit selbst gestalteten „CO2-neutral“-Siegeln schmücken – ohne darzulegen, wie die so behauptete Klimaneutralität zustande kommt. So wird es beim Einkauf immer schwieriger, nachhaltige Produkte zu identifizieren und von bloß „grün gewaschenen“ zu unterscheiden. Verlässliche, allgemeingültige und unabhängige Zertifikate können Orientierung bieten. Wie etwa das Natrue-Siegel: 2007 von den größten Produzenten authentischer Natur- und Biokosmetik – darunter Dr. Hauschka – gegründet, hat Natrue heute über 60 Mitglieder in 30 Ländern und mehr als 6.300 Produkte ausgezeichnet.

Tue Grünes und rede darüber

Es ist schon komisch: Oft sind die wirklich nachhaltigen Menschen, Marken und Unternehmen ganz leise. Manche sprechen noch nicht mal darüber, dass sie Gutes tun – weil Handeln mit Respekt vor Mensch und Natur für sie selbstverständlich ist. Deswegen ist es für diese Unternehmen oft eine Herausforderung, Kommunikation zu betreiben. Mit ihrem Selbstverständnis bewegen sie sich in einem Feld, in dem es auch die anderen gibt, die Marktschreier und das Greenwashing.

Sollen nachhaltig agierende Unternehmen also ihre Zurückhaltung ablegen und auch laut werden? Schließlich sind ihre authentischen Geschichten beste Erkennungsmerkmale, um zwischen echter Verpflichtung und oberflächlichem Greenwashing unterscheiden zu können. Erzählungen von fairen Partnerschaften, sozialer Verantwortung und ökologischer Lebensweise kommen zwar nicht auf dem direkten, kürzesten Weg beim Endkunden an. Aber sie sickern allmählich durch – und bleiben haften. So tragen sie dazu bei, mehr Sichtbarkeit für das Thema zu bekommen. Und noch mehr Menschen zu inspirieren, sich gemeinsam auf einen wirklich nachhaltigen Weg zu begeben.

An dieser Stelle finden Sie eigentlich ein passendes Video. Leider dürfen wir Ihnen dieses erst anzeigen, wenn Sie die Marketing-Cookies für diese Webseite akzeptieren. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Über: Salon Luitpold

Im berühmten Münchner Kaffeehaus Luitpold begrüßt Gastgeber Stephan Meier in der Veranstaltungsreihe „Salon Luitpold“ seit mehr als zehn Jahren Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft. In angeregten und anregenden Diskussionsrunden geht es um Visionen und Projekte, die Impulse liefern für eine lebendige Gesellschaft.

Zum Thema „Greenwashing und echte Nachhaltigkeit“ haben in entspannter Runde diskutiert:
Nicoline Wöhrle, Leitung Kommunikation WALA Heilmittel GmbH und Dr. Hauschka
Carmen Grebmer, Dozentin für Markt- und Konsumentenpsychologie an der Hochschule Luzern
Mirjam Smend, Modejournalistin, Herausgeberin und Fair-Fashion-Enthusiastin
Leo Frühschütz, freiberuflicher Journalist und Experte für Ökolandbau