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Dr. Mark Smith ist seit 2016 Generaldirektor von NATRUE. Er ist für das gesamte Tagesgeschäft der Organisation verantwortlich und übernimmt die Führung in allen politischen, regulatorischen und wissenschaftlichen Angelegenheiten.
Foto: NATRUE
2015 verabschiedeten die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen die Agenda 2030, die erstmals einen neuen Rahmen für globale nachhaltige Entwicklung mit 17 Zielen (Sustainable Development Goals, SDGs) vorgibt1. Eines der wichtigsten dieser Ziele ist der Schutz unseres Planeten, gefördert durch nachhaltige Produktions- und Verbrauchsmuster. Wie trägt der Sektor für Natur- und Biokosmetik und das NATRUE Label zu diesem Ziel bei? Wie können Hersteller von Kosmetika den Übergang zu einer nachhaltigeren und kreislauforientierten Industrie weiter unterstützen?
Nachhaltigkeit in der DNA
Nachhaltigkeit bedeutet, im Verlauf der gesamten Produktionskette soziale, ökologische und wirtschaftliche Aspekte zu berücksichtigen, um eine durchweg positive Wirkung zu erzielen. Im Zusammenhang mit Naturkosmetik bezieht sich Nachhaltigkeit nicht nur darauf, wie Inhaltsstoffe beschafft oder Produkte erzeugt werden, sondern auch auf die bei Produktion, Nachbearbeitung und Verbrauch verwendeten Materialien.
Den ganzheitlichen Ansatz „inside and out” macht das NATRUE-Label sichtbar. Nur Kosmetikprodukte, die mit den nachhaltigen Maßnahmen und Strategien im Einklang stehen, dürfen das NATRUE Zertifikat tragen. Für viele dieser Naturkosmetik- und Biomarken ist Nachhaltigkeit längst Teil ihrer DNA, sie fördern seit Jahren die Verwendung nachhaltigerer Inhaltsstoffe und Materialien.
Nachhaltig und biologisch abbaubar: NATRUE Kosmetikprodukte
Von der Rezeptur über die Produktion von Inhaltsstoffen bis hin zu Post-Consumer-Prozessen, etwa die Entsorgung von Verpackungen und die biologische Abbaubarkeit von Inhaltsstoffen: Natur- und Bioprodukte, die das NATRUE-Label tragen, sind nach strengen Kriterien zertifiziert. Sie stehen für Nachhaltigkeit von der Rezeptur bis zur Produktion.
Die biologische Abbaubarkeit von Inhaltsstoffen wird auch in der Kosmetikindustrie immer wichtiger. Innovative Inhaltsstoffe sind umweltschonende Alternativen zu in konventioneller Kosmetik eingesetzten Substanzen, beispielsweise Mikroplastik. Die winzigen Partikel (kleiner als 5 mm) erfüllen unterschiedliche Aufgaben: in Hautpflegeprodukten sorgen sie für den Peeling-Effekt oder dienen in Mundpflegeprodukten zum Polieren der Zähne. Wegen ihrer geringen Größe können die Teilchen die Filter der Wasseraufbereitungsanlagen passieren und ins Meer gelangen.
Um marine Ökosysteme zu schützen, arbeiten viele Kosmetikmarken daran, Mikroplastik in ihren Produkten zu beschränken oder ganz zu vermeiden. Sie ersetzen es durch natürliche Alternativen, etwa anorganische Mineralien wie Quarzsand oder pflanzliche Produkte wie Zellulosepartikel, zerkleinerte Samen und Schalen von Früchten. Die Kriterien des NATRUE-Labels lassen nur Inhaltsstoffe zu, die als natürlich, naturnah oder naturidentisch eingestuft sind. Für NATRUE zertifizierte Produkte ist Mikroplastik, das aus Mineralölen hergestellt wird, also bereits laut Definition verboten.
Upcycling von Inhaltsstoffen: zu gut für die Tonne
Weltweit geht jährlich rund ein Drittel der für den menschlichen Verbrauch erzeugten Lebensmittel verloren oder wird weggeworfen, so eine Studie des Schwedischen Instituts für Lebensmittel und Biotechnologie aus dem Jahr 2011. Das entspricht einem Verlust von 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmitteln pro Jahr. Dabei können Lebensmittelabfälle eine wertvolle Rohstoffquelle zur Herstellung von Natur- und Biokosmetik sein.
Im gemeinsamen Bemühen um eine Rückführung wertvoller Materialien in den Produktionskreislauf entstehen Partnerschaften von Lebensmittelherstellern und Kosmetikunternehmen. Einige Lieferanten haben sich sogar auf pflanzliche Inhaltsstoffe aus Reststoffen, die bei der Lebensmittelverarbeitung entstehen, spezialisiert. Diese finden in der Natur- und -Bioskosmetik ganz neue Aufgaben, etwa bestimmte Olivenöle, Orangen- und Zitronenschalen, Kaffee- und Kakaobohnen oder Teeblätter. Selbst getrocknete Fruchtsamen aus der Saft- und Konfitürenherstellung sind zum Wegwerfen viel zu schade. Aus ihnen lassen sich wertvolle kaltgepresste Öle für Natur- und Biokosmetikprodukte gewinnen. Neue Potentiale entstehen.
Umgestaltung von Kosmetikverpackungen
Fossile Energieträger und ihre Derivate, etwa Kunststoffe, waren bis vor kurzem die wichtigste Quelle bei der Herstellung von Verpackungs-Materialien für den täglichen Gebrauch. Doch ihre schädlichen Auswirkungen auf Umwelt und Klima bringen sie immer stärker in die öffentliche Kritik. Daher stellt das NATRUE-Label konkrete Anforderungen an Verpackungsmaterialien: Es verbietet halogenierte Kunststoffe, stattdessen fördert es recyclingfähige und erneuerbare Materialien für Primär- und Sekundärverpackungen und unterstützt generell die Reduzierung von Verpackungen.
In den letzten Jahren ist zu dem ein deutlicher Trend in Richtung Reduktion und Vermeidung von Packmitteln sowohl auf Primär- als auch auf Ebene der Sekundärpackmittel zu beobachten.
Alternativen für Primärkunststoff als Verpackungskomponente zu finden ist wichtig. Doch was ist mit den unzähligen Kunststoffverpackungen, die bereits auf dem Markt sind? Was ist mit dem organischen und anorganischen Müll, den wir produzieren? Um einen Beitrag zur Schließung des Kreislaufs von Verpackungsmaterialien zu leisten, ist NATRUE im EU-geförderten Projekt URBIOFIN beteiligt. Dessen wichtigstes Ziel ist die Umwandlung fester städtischer Abfälle in ökologisch nachhaltige Verpackungen. So hat das Brüsseler NATRUE-Büro im URBIOFIN-Projekt die Koordination mit den Mitgliedern von NATRUE übernommen, um Input für die Entwicklung innovativer Verpackungen für kosmetische Zwecke bereitzustellen.
Verantwortungsvoller und bewusster Konsum: die Rolle der Kundschaft
Die Verbraucherinnen und Verbraucher spielen eine ganz entscheidende Rolle bei der Förderung wiederverwendbarer und recyclingfähiger Produkte - denn ihre Nachfrage prägt das Handeln der Kosmetikindustrie. Auf der zunehmenden Sensibilität der Kundschaft für nachhaltige Prozesse basiert das NATRUE-Label: Es kennzeichnet auf einen Blick Bio- und Naturkosmetik, die hinsichtlich Produktion, Abbaubarkeit und Verpackung strenge Kriterien erfüllt.
Jede Kaufentscheidung trägt zum globalen ökologischen Fußabdruck von Kosmetika bei. Es lohnt sich also, Marken und Produkte zu unterstützen, bei denen der Schutz und die Zukunft unseres Planeten ganz oben auf der To-do-Liste stehen.
NATRUE ist eine internationale Non-Profit-Organisation zur weltweiten Förderung und dem Schutz von Natur- und Biokosmetik. Weitere Informationen siehe Webseite von NATRUE.
Die Agenda 2030 mit ihren 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) ist ein globaler Plan zur Förderung nachhaltigen Friedens und Wohlstands und zum Schutz unseres Planeten. Weitere Informationen siehe Webseite der Vereinten Nationen.
Text: Dr. Mark Smith