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Auswärtige Beziehungen

Ob in Kenia, Äthiopien, Indien, Afghanistan, Argentinien oder der Türkei – die WALA baut mit Hilfe ihrer Tochterfirma naturamus langfristige, vertrauensvolle Partnerschaften auf.
Foto: naturamus

Die Einkaufsprofis

Einkaufen für die WALA ist eine echte Herausforderung. Denn für die Herstellung der WALA Arzneimittel und Dr. Hauschka Kosmetik werden vitale, sorgfältig geerntete bzw. verarbeitete Rohstoffe benötigt. Was nicht im eigenen Demeter-Garten und auf eigenen biodynamisch bestellten Feldern wächst oder wild gesammelt wird, kommt auf die Einkaufsliste, zum Beispiel: Macadamianüsse, Mangos, Damaszenerrosen, Rizinussamen bzw. deren Öle und Wachse. Um diese Liste abzuarbeiten, hat die WALA mit der naturamus GmbH eine eigene Tochterfirma gegründet. naturamus kauft nicht einfach weltweit ein, sondern investiert mitunter Jahre, bis ein Projektpartner die gewünschten Rohstoffe in der gewünschten Qualität anbieten kann.

„Es ist eine Tradition der WALA, mit der ganzen Welt verknüpft zu sein.“
Christine Ellinger, naturamus

Wer macht so einen Job?

Bei der naturamus arbeiten Agrarwissenschaftler, Kaufleute, Lebensmitteltechnologen und Chemiker – Männer wie Frauen – Hand in Hand. Sie wissen, woran sich höchste Produktqualitäten erkennen und wie sich Herstellungsprozesse optimieren lassen. Sie interessieren sich für ökologische Wertschöpfung und faire Handelsbeziehungen. Sie verstehen sich ausdrücklich als Lösungsfinder. Beispiel Rizinusöl.

Und warum?

Den Anfang macht meist ein Engpass: Lange gab es kein Rizinusöl in zertifizierter Bio-Qualität. naturamus-Einkäuferin Christine Ellinger aktivierte deshalb im Jahr 2005 ihre guten Kontakte nach Indien. Sie wurde mit einigen Bauern, die bereits ökologisch wirtschafteten, und mit Nanalal Satra, dem Betreiber einer Ölmühle, bekannt gemacht. Es war der Beginn einer langjährigen Partnerschaft, bei der es zunächst darum ging, die Hürden auf dem Weg zur Bio-Zertifizierung zu meistern und weitere Bauern bei der Umstellung auf Bio-Anbau zu begleiten. Dazu brauchte es mitunter nicht nur Sachverstand, sondern auch eine Portion Überzeugungsarbeit, denn die indischen Geschäftspartner fassten die obligatorischen Bio-Kontrollen zunächst als Misstrauen auf und hätten beinahe alles hingeworfen. Ellinger konnte vermitteln, weil der Kontakt von Anfang an von Vertrauen geprägt war. „Irgendwann kam der erste Container mit biozertifiziertem Rizinusöl bei uns an – ich war ganz schön aufgeregt“, erinnert sie sich.

Familie Aydin baut im türkischen Taurus-Gebirge Damaszenerrosen an. Aus den handgeernteten Blüten wird ätherisches Rosenöl in Demeter-Qualität gewonnen.
Foto: naturamus
Biologisch angebauter Rizinus hat die Partnerschaft mit Castor Products Company begründet. Inzwischen bezieht die WALA auch Mangokerne zur Herstellung von Mangobutter aus Indien.
Foto: naturamus
Fair for Life macht Investitionen vor Ort möglich – eine Sommerschule für Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf etwa wie hier in Indien.
Foto: naturamus
Die Beratungskompetenz von naturamus umfasst auch die Optimierung von technischen Prozessen – wie etwa bei der Herstellung von Ölen.
Foto: naturamus
Auf der Suche nach biologischem Lanolin, einem wichtigen Grundstoff für Salben und Kosmetika, ist naturamus in Argentinien fündig geworden.
Foto: Fuhrmann Argentina / naturamus

Der Nutzen ist immer beidseitig

Bald kam auch Nanalal Satra persönlich. Christine Ellinger reiste mit ihm durch Deutschland, um ihm weitere Geschäftskontakte zu ermöglichen. Denn die naturamus ist immer daran interessiert, dass sich ihre Partner aus eigener Kraft entwickeln. Das nutzt beiden Seiten: Die Erzeugerbetriebe bleiben selbständig und innovativ, die WALA gewinnt langfristige Bezugsquellen und Partner, mit denen Folgeprojekte möglich sind. Nanalal Satra zum Beispiel hat inzwischen seine Produktpalette um Bio-Mangos erweitert, einen Bioladen eröffnet und sich mit der Universität in Gutjarat zusammengetan, wo nun Kurse in ökologischer Landwirtschaft angeboten werden. So trägt der erste Kontakt längst weitere Früchte, so verändert sich auch das Leben vor Ort. Beispiel Fair for Life.

„Wir schauen nicht nur auf unseren Bedarf. Wir wollen den Bio-Anbau weltweit fördern und unsere Partner selbständig machen.“
Christine Ellinger, naturamus

So fair kann Partnerschaft sein

Verbindliche Abnahmen und faire Preise sollten selbstverständlich sein – und sind es für die naturamus. Um auch soziale Standards einzubeziehen, setzt die WALA-Tochter auf Fair for Life. Dieses Siegel regelt Arbeitszeiten und -bedingungen, beinhaltet eine medizinische Versorgung und zahlt in einen Fonds, der projektbezogene Investitionen möglich macht. Inzwischen haben sich mehrere Partner der naturamus zertifizieren lassen. Weil die Vorbereitung auf die Audits anspruchsvoll ist und eine Menge „Paperwork“ beinhaltet – über das sich nicht nur Nanalal Satra die Haare rauft – hilft die naturamus dabei. Es geht um klassische Standards und um immer neue Herausforderungen, wie ein Blick in die Türkei zeigt. Dort suchen geflüchtete Menschen Arbeit als saisonale Erntehelfer und finden sie zum Beispiel auf dem Rosenanbau-Betrieb der Familie Aydin, einem der ersten Partnerprojekte der WALA. Um eine gute Betreuung der Kinder zu gewährleisten, die weder alleine gelassen noch zur Mitarbeit genötigt werden dürfen, arbeitet die naturamus vor Ort mit einer NGO zusammen. Auch das heißt Projektberatung: Immer schauen, was die Partner brauchen, bei Bedarf Mitstreiter miteinbeziehen und deren Arbeit finanzieren. Ein weiteres Beispiel: Demeter-Beratung.

„Mit einem Fair-for-Life- oder Demeter-Siegel erzielen unsere Partner höhere Preise. Das ist natürlich eine Motivation. Genauso interessant sind langfristige Partnerschaften und Abnahmegarantien. Corona hat gerade gezeigt, wie wichtig das ist.“
Peter Schmich, naturamus

Wie wird man Demeter-Betrieb?

Der Betrieb der Aydins ist auch hier ein gutes Beispiel. Denn bei der Umstellung auf den biodynamischen Anbau von Damaszenerrosen hat ein Demeter-Berater geholfen. Die WALA übernahm die Vermittlung, sein Honorar und die Reisekosten. So war immer ein Fachmann zur Stelle, wenn es um Schädlinge, den Umgang mit Kompost oder ums Weitermachen ging, nachdem an einem Standort in einer einzigen Nacht alle Rosenblüten erfroren waren. Inzwischen sind die Aydins selbst Experten und stehen anderen Projekten – wie etwa einem Rosenbetrieb im Hochland von Äthiopien – beratend zur Seite. Peter Schmich von der naturamus fasst zusammen, was sich bei den Partnerschaften beobachten lässt: „Im Endeffekt lernen immer alle.“