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Qualität ätherischer Öle

In unseren Rezepturen spielen natürliche ätherische Öle eine wichtige Rolle. Sowohl in WALA Arzneimitteln als auch in Kosmetik von Dr. Hauschka kommen sie zum Einsatz. Gewonnen werden sie ausschließlich in physikalischen Verfahren, meist durch Wasserdampfdestillation. Dabei ist die Ausbeute in Bezug auf die pflanzlichen Ausgangsstoffe äußerst gering: In der Regel liegt sie im ein- bis zweistelligen Promillebereich. Um einen Liter ätherisches Rosenöl zu erhalten, sind etwa vier Tonnen Rosenblüten nötig. Bis in die frühen 1970er-Jahre war Rosenöl sogar teurer als Gold.

Ätherische Öle, die unbekannten Wesen

Unterdessen gewinnen natürliche ätherische Öle zunehmend an Bedeutung. Nicht nur im Pharma- und Kosmetikbereich, sondern auch in der Lebensmittelindustrie. Ätherische Öle sind Vielstoffgemische. Sie bestehen aus einer Vielzahl lipophiler (d.h. fettlöslicher) und leichtflüchtiger Stoffe, die aus einer großen Spanne verschiedener chemischer Klassen stammen. Sie sind vielseitig einsetzbar, aber auch hochsensibel.

Bekannt ist, dass ätherische Öle anfällig sind für Umwandlungs- und Abbaureaktionen: Der Kontakt mit Luft, Licht und Wärme setzt Oxidations- und Polymerisationsprozesse in Gang. Diese Prozesse können zu Qualitätsverlusten und veränderten Eigenschaften führen. Trotzdem gibt es nur spärliche Informationen zum konkreten Ablauf dieser Veränderungsprozesse bei Lagerung und Transport.

Forschungsarbeit mit Methode

Um die Qualität unserer Öle optimal zu erhalten, hat es sich ein Forscherteam der WALA zur Aufgabe gemacht, die Faktoren wissenschaftlich zu untersuchen, die die Stabilität der ätherischen Öle verändern. Dr. Claudia Turek, damals Doktorandin in der phytochemischen Forschung der WALA, promovierte über das Thema. Mit Fokus auf einzelne ätherische Öle untersuchte sie verschiedene Abbauwege unter Einwirkung von Temperatur, Licht und Sauerstoff.

Ihre methodische Grundlagenforschung führte zu neuen, sehr praxisnahen Erkenntnissen: Durch sorgfältiges Überwachen und Entschlüsseln der Umwandlungsprozesse nutzte das Forscherteam um Claudia Turek einen bislang in diesem Zusammenhang unbekannten Parameter. Mit seiner Hilfe ist es nun erstmals möglich, den Alterungsprozess und damit die Qualität eines ätherischen Öls genauer zu bestimmen, also das Ergebnis aller Oxidationsprozesse des Öls abzubilden. Darüber hinaus lässt sich anhand dieses neu gefundenen Parameters außerdem eine Vorhersage über den weiteren Verlauf der Abbauprozesse treffen. Es lässt sich also voraussagen, welche Lagerbedingungen erforderlich sind, um den Alterungsprozess zu verlangsamen und bestenfalls zu stoppen. Eine revolutionäre Entdeckung.

Jedem Öl seine individuellen Lagerbedingungen

Die methodische Grundlagenforschung und die Arbeit mit ätherischen Ölen unterschiedlicher Herkunft lieferte außerdem eine weitere Erkenntnis: Es gibt keine allgemeingültigen optimalen Bedingungen, unter denen sich alle ätherischen Öle gleichermaßen „wohlfühlen“. Denn die einzelnen lipophilen Stoffmischungen reagieren ganz unterschiedlich auf den Einfluss von Temperatur, Licht und Sauerstoff. Ideale Lagerbedingungen, die die Qualität der wertvollen Öle optimal bewahren, sind daher für jedes Öl individuell und aufwändig zu bestimmen. Das ist eine Herausforderung, der wir uns bei der WALA gerne stellen. Und eine Erkenntnis, die wir mit der Branche teilen. Denn wir wollen das Wissen, das wir durch unsere Forschung in Zusammenarbeit mit Universitäten gewinnen, der Welt verständlich machen.

Gut gelagertes Öl hat geringes Allergiepotenzial

„Stability of Essential Oils“ – der Titel der Doktorarbeit von Claudia Turek klingt für wissenschaftliche Laien sehr theoretisch. Doch die Erkenntnisse, die die gründliche, methodische Arbeit der Forschungsgruppe gebracht hat, sind ganz praktischer Natur: Sie ermöglichen, das Allergiepotenzial ätherischer Öle gering zu halten.

Bekannt ist, dass durch die Oxidations- und Polymerisationsprozesse, die durch den Einfluss von Licht, Wärme und Luft in Gang gesetzt werden, neue Moleküle entstehen. Diese Nebenprodukte des Alterungsprozesses sind es, die allergische Reaktionen auslösen können – reine ätherische Öle selbst haben kaum Allergiepotenzial. Praktische Erkenntnis der Grundlagenforschung: Gut gelagerte ätherische Öle führen zu weniger Überempfindlichkeitsreaktionen als oxidiertes Öl.

Wir bleiben neugierig

Für die International Fragrance Association (IFRA) in Brüssel, die Standards für den Gebrauch ätherischer Öle definiert und umsetzt, waren die Ergebnisse der WALA Forschungsgruppe ebenfalls neu und überraschend. Und außerdem so wertvoll, dass die IFRA uns einlud, uns künftig aktiv in die Verbandsarbeit einzubringen. Seither findet eine regelmäßige Zusammenarbeit der WALA mit der IFRA statt.

Dass wir aktiv an der Verbandsarbeit mitwirken, sehen wir als eine Auszeichnung unserer wissenschaftlichen Arbeit – auf der wir uns allerdings nicht ausruhen. Daher forschen wir bereits an einer Verfeinerung der methodischen Analyse ätherischer Öle: Wir isolieren einzelne Stoffe und analysieren deren jeweilige Oxidations- und Veränderungsprozesse – auf dass wir die Qualität ätherischer Öle noch individueller sicherstellen.

Turek C, Stintzing FC. Evaluation of selected quality parameters to monitor essential oil alteration during storage. Journal of Food Science 2011, 76, C1365–C1375.

Turek C, Stintzing FC. Impact of different storage conditions on the quality of selected essential oils. Food Research International 2012, 46, 341–353.