Was wollen Sie lesen? Entscheiden Sie sich für eines unserer Themen.


Zwischen Hightech und Handarbeit

Dr. Markus Moßhammer leitet seit 2017 das Ressort Herstellung bei der WALA. Er studierte Lebensmitteltechnologie an der Universität Hohenheim und schloss mit seiner Promotion im Jahr 2006 ab. Nach verschiedenen Aufgaben in der pharmazeutischen Industrie arbeitet er seit 2011 bei der WALA.
Foto: Silicya Roth

Herr Dr. Moßhammer, Sie sind seit 2017 in der WALA Heilmittel GmbH verantwortlich für die Prozesse im Ressort Herstellung. Bevor Sie 2011 zur WALA kamen, hatten Sie bereits in der pharmazeutischen Industrie gearbeitet. In Ihrer Promotion ging es um Kaktusfeigensaft als natürlichen Farbstoff. Wie sind Sie auf diese Frage gestoßen.

Markus Moßhammer:

Ich hatte schon immer sehr vielseitige Interessen: Als Kind war ich, wann immer Zeit war, draußen in der Natur. Zugleich faszinierte mich das Thema Technik. Dieses doppelte Interesse hat mich schließlich Lebensmitteltechnologie studieren lassen. Und so kam ich in ein Team, das sich mit Pflanzen und natürlichen Farbstoffen befasste, die keine gesundheitlichen Nebenwirkungen haben. Die Möglichkeiten natürlicher Farbstoffe untersuchte ich am Beispiel des Kaktusfeigensaftes. Es funktionierte! Aus der Arbeit an der Universität Hohenheim ist ein Produkt entstanden, das noch heute von einem Unternehmen in Baden-Württemberg hergestellt wird.

„Lebensmitteltechnologie“ klingt nach künstlichen Lebensmitteln. Was fügt die Technik natürlichen Lebensmitteln denn hinzu?

Markus Moßhammer:

Meine Frage ist eigentlich genau umgekehrt: Wie kann ich mit moderner Technologie für den Menschen nutzbar machen, was die Natur an Möglichkeiten bietet? Es ist faszinierend, das Potenzial der Natur optimal wirksam werden zu lassen. Natürlich muss man auch analytische Methoden nutzen, um die positiven gesundheitlichen Wirkungen zu prüfen. Aber die heute übliche vereinfachende Fokussierung auf isolierte Monosubstanzen hat mich nie interessiert.

Mit meiner wissenschaftlichen Arbeit konnte ich unter anderem die positive Wirkung des Vielstoffgemisches Kaktusfeigensaft auf die Stabilität der Farbstoffe zeigen: Die natürliche „Matrix“, die Summe der Inhaltsstoffe, stabilisiert die Farbstoffe, die, wenn sie isoliert wären, rasch abgebaut würden. Im Fall des Kaktusfeigensaftes geht es um diese wunderschöne gelbe, rote oder violette Farbe. Wenn man es vereinfacht formulieren will: Die Pflanze als Ganzes ermöglicht hier etwas Zweckmäßiges, die Stabilität der Farbe.

Was hat Sie später zur WALA geführt?

Markus Moßhammer:

Zunächst das grundsätzliche Naturverständnis, auf dem die WALA aufbaut, und das damit verbundene Verständnis der heilsamen Wirkung von Substanzen, wie wir sie in der Natur vorfinden. Dieser Zugang entspricht eigentlich ziemlich genau dem, was mich bereits als Wissenschaftler fasziniert hat: das wirkliche Ernstnehmen natürlicher Vorgänge. Damit verbunden ist ja bei der WALA dieser vielleicht etwas radikal anmutende Verzicht auf möglichst alle nicht natürlichen Fremdeinflüsse in der Verarbeitung. Diese Naturnähe ermöglicht eine spezifische Qualität der Produkte. Und sie hat fast nebenbei auch noch ökologische Vorteile.

Dann kam noch ein weiterer Aspekt hinzu: Bei der WALA habe ich festgestellt, dass ich zwar gerne wissenschaftlich arbeite. Aber noch spannender finde ich es letztlich, gemeinsam mit ganz unterschiedlichen Menschen sinnvolle Produkte herzustellen. Diese Freude am Produzieren, die Begeisterung für das gemeinsame Ziel, die alle Kolleginnen und Kollegen mitbringen, sowie das Zusammenwirken vieler Beteiligter empfinde ich als etwas Besonderes. Das spüren wohl auch andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, insbesondere diejenigen, die neu zur WALA kommen.

Welche Herausforderungen sehen Sie im Hinblick auf die Entwicklung der Organisation und der Kompetenzen?

Markus Moßhammer:

Die zentrale Herausforderung besteht darin, das Zusammenwirken von Mensch, Natur und Technik immer wieder neu anzuschauen, zu optimieren und anzupassen. Auch die unterschiedlichen Anforderungen an den gesamten Prozess der Herstellung wollen wir bestmöglich in Einklang bringen: Anforderungen, die sich aus der Qualität der unterschiedlichen natürlichen Substanzen selbst ergeben, aus den Möglichkeiten der Technik sowie aus dem Bemühen, einen gelingenden sozialen Prozess für die beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schaffen.

Für mich ist sehr spannend, das Zusammenspiel zwischen kompetenter Handarbeit und Hightech-Anwendungen zu managen – im Spannungsfeld zwischen Manufaktur und Industriebetrieb. Dazu gehört auch, die richtige Kombination zwischen zentralen und dezentralen Elementen der Organisation zu finden: Wie viel dezentrale Selbstorganisation ist sinnvoll? Gleichzeitig gilt es, die unterschiedlichen Erwartungen der verschiedenen Generationen an ein erfüllendes Arbeiten zu berücksichtigen und das Zusammenwirken im Betrieb zu gestalten. Natürlich geht es auch um sinnvolle Nutzung der Digitalisierung. Dies sind Aufgaben, denen ich mich gerne stelle. Bei all diesen Veränderungsprozessen und Entscheidungen, die natürlich nicht immer einfach sind, stellt sich die Praxis unserer dialogischen Unternehmenskultur als sehr hilfreich heraus.

Sie sprechen von verschiedenen Arbeitsschritten und Kompetenzen, die es zu kombinieren gilt?

Markus Moßhammer:

Allein in unserem Heilpflanzengarten arbeiten zehn Menschen. Sie bringen ein enormes Erfahrungswissen mit. Dass wir die Fähigkeiten haben, Heilpflanzen selbst anzubauen, ist für uns von zentraler Bedeutung mit Blick auf die Qualität der Rohstoffe. Hinzu kommen die sensorischen Fähigkeiten und die größte Sorgfalt der Mitarbeitenden, die das Auslesen und Reinigen der Pflanzen vornehmen und die rhythmischen Verfahren der Verarbeitung verantworten. Es ist im Hinblick auf die Qualitätssicherung entscheidend, auf persönliche Erfahrung und das große Engagement unserer Experten setzen zu können. Die Sicherstellung höchster Qualitätsanforderungen ist für die Herstellung der WALA Arzneimittel und der Dr. Hauschka Kosmetik von zentraler Bedeutung. Basis sind unsere eigenen Maßstäbe sowie regulatorische Anforderungen. Wir stellen sicher, dass sich keine – auch nicht die kleinste sichtbare oder unsichtbare – Verunreinigung in den Ampullen befindet. Das ist heute möglich durch den Einsatz von Hightech-Kameras in Verbindung mit komplexen Bildverarbeitungssystemen. Roboter unterstützen uns beim Verpacken. Die Anwendung und Überwachung dieser neuen Hightech-Geräte erfordert natürlich ein sehr spezifisches Anwendungswissen und entsprechendes Training. Permanente Weiterbildung wird in Zukunft eine noch größere Rolle spielen.

Sie sprachen von „nicht natürlichen Fremdeinflüssen“, die Sie in der Produktion vermeiden wollen. Was dürfen wir uns darunter vorstellen?

Markus Moßhammer:

Die WALA Arzneimittel und die Dr. Hauschka Naturkosmetik bestehen aus natürlichen Ausgangsstoffen, häufig in Demeter-Qualität. Und wir wollen alles dafür tun, diese ursprüngliche biologische Qualität und Vitalität zu erhalten – von der Ernte bis zum Herstellverfahren. Der Entschluss, auf nicht natürliche Einwirkungen zu verzichten, hat den WALA-Gründer Dr. Rudolf Hauschka bereits in den 1930er-Jahren zu einem rhythmischen Verfahren geführt, das die Haltbarkeit natürlicher Substanzen gewährleistet, ohne Alkohol zu nutzen. Durch dieses Verfahren können wir natürliche Substanzen über Jahrzehnte hinweg haltbar machen.

Herzlichen Dank für das Gespräch.