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Blauschwarz glänzend, mit wenig Ruß und Schlacke – nur die besten Stücke kommen für die Arzneimittelproduktion infrage.
Foto: Silicya Roth
Es ist ein strahlender Herbstmorgen Ende September. Die Sonne scheint auf die Lichtung im Zanger Wald im Osten der Schwäbischen Alb. Wir haben Glück mit dem Wetter, denn Regen können wir heute nicht gebrauchen. Im Gras vor unseren Füßen liegen zwei Eisenringe mit je rund zwei Metern Durchmesser und ein konisch geformter Deckel mit vier kleinen Schornsteinen. Alle zwei bis drei Jahre setzt die WALA hier gemeinsam mit dem Köhler Konrad Lambert in einem Eisenmeiler medizinische Birkenkohle an. Der Rohstoff (Carbo vegetabilis) kommt in verschiedenen Arzneimitteln zum Einsatz.
„Ein Eisenmeiler ist besser kontrollierbar als ein traditioneller, der mit Erde, Gras und Moos abgedeckt werden muss“, erklärt Konrad Lambert. Zunächst säubern wir die einzelnen Teile unseres Meilers mit Schaufel und Spaten, um alle Reste vorheriger Produktionen zu beseitigen. „Bei Grillkohle muss man nicht so penibel sein“, erklärt Martin Rozumek von der Grundlagenforschung mit einem Augenzwinkern. „Aber hier geht es schließlich um medizinische Kohle!“ Auch den Waldboden befreien wir von alten Kohlestücken, bevor Konrad Lambert mit seinem Traktor den ersten Eisenring platziert. Er sitzt auf Eisenfüßen, damit das Holz später von unten her entzündet werden kann. Und nun geht es los: Stück für Stück schichten wir die mitgebrachten Birkenscheite - insgesamt rund vier Kubikmeter – in den ersten Meilerring. Das Holz stammt zum einen von einer Birke aus dem WALA Heilpflanzengarten, zum anderen aus dem Bad Boller Forst. Peter Schmich von der Naturamus GmbH, dem Rohstoffeinkäufer der WALA, hatte schon vor einem Jahr das komplette Material von Hand gespaltet und fachgerecht gelagert.
Im Kohlenmeiler wird es bis zu 500 Grad heiß
Die unterste Schicht Birkenscheite muss sternförmig liegen, wie bei einem Lagerfeuer. Danach ordnen wir sie parallel an. Nun bringt Konrad Lambert den zweiten Ring in Position, was den Meiler wie eine Schichttorte aussehen lässt. Zwischendurch telefoniert der Köhler mit der örtlichen Feuerwehr und der Stadtverwaltung. Zuvor hatte er die Kohleproduktion schriftlich angemeldet und informiert die Behörden nun, dass wir bald anfeuern. Dann kommt der Deckel auf den Meiler. Doch zuvor gibt es noch etwas zu erledigen: „Wenn zu viel Sauerstoff nach innen dringt, verbrennt das Holz zu Asche“, erklärt Konrad Lambert. Also dichten wir jeden noch so kleinen Spalt mit Sand ab, der später, wenn der Meiler bei bis zu 500 Grad glüht, zu einer festen Masse verbackt. Gegen 11.30 Uhr ist es so weit: Wir zünden an. Konrad Lambert prüft die Windrichtung, damit das Feuer auch gut nach innen durchzieht. Schon nach einer knappen Minute steigen dicke Rauchsäulen aus den Schornsteinen empor und uns wird klar, warum die Behörden informiert sein mussten. Das Holz knackt und duftet. Wenig später, als alles stabil brennt, dichten wir den Sockel des Meilers vollständig mit Sand ab und schließen dann die Luken im Deckel. Für heute ist unsere Arbeit getan.
Etwa zwei Tage dauert es, bis das Birkenholz zu Kohle geworden ist. „Ernten“ können wir aber erst eine Woche später, wenn der Meiler abgekühlt ist. „Es sind insgesamt 190 Kilo Birkenkohle zusammengekommen“, freut sich Beatrix Waldburger von der WALA Grundlagenforschung. Verwendet wird der Rohstoff übrigens in der Arzneimittelproduktion. Im Gegensatz zur staubigen Asche behalten Kohlestücke ihre Form. Deshalb kommt Birkenkohle immer dann medizinisch zum Einsatz, wenn dem Organismus Formkraft fehlt – etwa bei übermäßiger Talgproduktion der Haut oder bei Durchfall.