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Wenn Pflanzen umziehen

Verlorene Artenvielfalt in unsere Umwelt zurückzubringen ist kein leichtes Vorhaben. Um daran wenigstens etwas mitzuhelfen, hat Alexandra Camek von der WALA ein kompetentes Team aus Wissenschaft und Landwirtschaft zusammengebracht. Gemeinsam mit der Universität Hohenheim, dem Sonnenhof der WALA Gruppe sowie einem weiteren Demeter-Bauernhof soll Grünland in einem neuartigen Verfahren wieder artenreicher gemacht werden.

Unter Grünland versteht man dauerhafte Pflanzengemeinschaften aus Kräutern und Gräsern, die in unseren Breiten fast ausschließlich durch die Nutzung des Menschen entstanden sind. Landwirtschaftlich wird Grünland zwar vor allem zur Futtergewinnung und als Weidefläche genutzt. Bemerkenswert ist aber auch: Extensives Grünland zählt neben dem tropischen Regenwald zu den artenreichsten Biotopen weltweit – mit etwa 100 Arten auf einem Quadratmeter.

Mehr Artenvielfalt schaffen

Die Zahl spricht für sich, aber Alexandra Camek verbinden auch Emotionen mit ihrem Vorhaben: „Als junges Mädchen habe ich es geliebt, über Wiesen zu laufen und neue Pflanzenarten zu entdecken. Die damalige Vielfalt vermisse ich heute“, so die Wissenschaftlerin. In der WALA wird schon seit jeher auf eine große Artenvielfalt durch biologisch-dynamische Anbauweise gesetzt. Dabei werden die Rhythmen der Natur besonders berücksichtigt. Der Heilpflanzengarten der WALA ist beispielsweise ein wahres Pflanzenparadies, in dem sich nicht nur Nutzpflanzen, sondern auch sogenanntes „Beikraut“ entfalten dürfen. Ein gesunder Kompost wird genauso geschätzt wie eine reiche Ernte. Und mit dem Biodiversitätspfad am Laborgebäude werden Lebensraum für viele Wiesenkräuter und Futterquellen für zahlreiche Tiere geschaffen.

Gemeinsam forschen

Im Rahmen einer von der WALA initiierten wissenschaftlichen Forschungsarbeit untersucht nun eine Studentin der Universität Hohenheim, wie unterschiedliche Maßnahmen die Artenvielfalt unterstützen können. Eine davon: die sogenannte Mahdgutübertragung. Dabei werden abgemähte Pflanzen von einer artenreicheren Spender- auf eine artenärmere Empfängerfläche übertragen. Ziel ist es, dass die übersiedelten Samen keimen und sich neue Pflanzen ansiedeln. „So soll eine Fläche kultiviert werden, auf der nicht nur Löwenzahn und Hahnenfuß wachsen, sondern auch seltenere Arten wie der Wiesen-Storchschnabel, die Schafgarbe und der Wiesensalbei“, ergänzt Alexandra Camek. Ein wichtiges Vorhaben, bei dem der Austausch verschiedener Experten wichtig ist. „Ich bin begeistert davon, dass wir für dieses Projekt so verschiedene Menschen an einen Tisch bringen konnten und mit der Uni Hohenheim einen so regen Austausch hatten“, berichtet die Wissenschaftlerin. Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgte dann mit tatkräftiger Unterstützung der Landwirte des Sonnenhofs.

So funktioniert die Mahdgutübertragung

In einem ersten Schritt wird die Spenderfläche ausgewählt und „bonitiert“. Dabei wird unter anderem ermittelt, wie häufig eine Art auf der Fläche vorkommt. (Von links nach rechts: Marina Herre (Universität Hohenheim), Dr. Sonja Adamczyk (WALA), Alexandra Camek (WALA), Boris Schilling (Sonnenhof))
Sobald die meisten Arten Samen gebildet haben, wird die artenreiche Fläche gemäht …
… und auf die Empfängerfläche übertragen.
Hierbei wird darauf geachtet, dass das Mahdgut gleichmäßig mit Heugabeln verteilt wird, damit die Samen einerseits genug Schutz vor Austrocknung, andererseits aber auch genug Luft bekommen.
Mit etwas Glück siedeln sich so im nächsten Jahr neue Pflanzen an …
… und man wird mit einem Strauß vielfältiger Pflanzenarten belohnt.

Regional umgesetzt

Die Empfängerfläche und damit der neue Wohnsitz der Pflanzen befindet sich in direkter Nähe des Firmenstandorts in Eckwälden. Auch die Spenderflächen wurden bewusst in der nahen Umgebung gewählt – beste Voraussetzungen, um eine regionale Artenvielfalt zu schaffen. Ein weiterer Vorteil: Die spannende Entwicklung dieses Projekts kann die WALA direkt vor Ort verfolgen. Die ersten Blüten der Mahdgutübertragung sind voraussichtlich im kommenden Frühjahr zu sehen. Der „Umzug“ der Pflanzen ist dann bewältigt. Die WALA, die Bienen, die Menschen in Bad Boll und auch Alexandra Camek können sich wieder an einer bunt blühenden Wiese erfreuen.