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Vanne Goodall beschrieb in ihrem Buch „Jane Goodall by her Mother“, wie ihre Tochter als kleines Mädchen verschwunden war. Über Stunden suchte die Familie nach ihr, aber Jane war nirgends zu finden. Als sie wieder auftauchte, „eine kleine, zerzauste Gestalt, die müde über das Stoppelfeld neben den Hühnerställen stolperte“, erzählte Jane, dass sie fünf Stunden im Hühnerstall ausgeharrt hatte. Warum? Sie wollte sehen, wie ein Huhn ein Ei legte und hat die Hoffnung nicht aufgegeben. Das Ergebnis: Es war ihr gelungen.
Diese Geduld, die sich bereits in so jungen Jahren zeigte, gepaart mit dieser unzähmbaren Hoffnung, dass sie ihr Ziel erreichen würde, waren es, die sie zur gefragtesten Schimpansenforscherin werden ließen. Das ist viele Jahre her und Jane Goodall hat sich von der Forscherin zur Aktivistin entwickelt. Sie engagiert sich auf Konferenzen und hat eigene Initiativen ins Leben gerufen, wie das Schimpansenreservat in Ngamba, das soziale Projekt TACARE, und Roots & Shoots, ein Tier- und Umweltschutzprojekt, von dem Jane sagt, dass dies vielleicht der Grund sei, weshalb sie geboren wurde1.
Das alles klingt nach Hoffnung, aber nach einem guten Ende? Jane Goodall ließ sich als junge Frau nicht von ihren Zielen abbringen und tut das bis heute nicht. Eine Eigenschaft, die sie von ihrer Mutter hat.
Zwei mutige Frauen
„Wenn du etwas wirklich willst, hart dafür arbeitest, deine Gelegenheiten nutzt und nicht aufgibst“, sagte ihre Mutter gern, „wird es dir auch gelingen.“ So war es ihre Vanne Goodall, die ermöglichte, dass Jane als junge Frau nach Afrika reisen und im Gombe National Park ihre Forschungen beginnen konnte. Denn 1960 ließen die britischen Behörden (Tanganjika, heute Tansania, war damals britisches Protektorat), nicht zu, dass eine junge Europäerin allein in Afrika forschte. Die Mutter erklärte sich bereit, die Tochter zu begleiten – vier Monate lebte sie mit ihr im Dschungel, bevor Jane bei den Einheimischen so weit etabliert war, dass Vanne ihre Tochter allein lassen konnte.
Janes Beobachtungen der Schimpansen veränderten die Sicht der Menschen auf Tiere. Sie hat bewiesen, dass Schimpansen Gefühle haben – sie zeigen Freude, Wut, Trauer und Verzweiflung. Sie kommunizieren mit Lauten und Gesten, sie knüpfen enge Bande und die Beziehungen zwischen Familienmitgliedern erinnern stark an die von Menschen.
Jane Goodall in den 1960er Jahren mit dem Schimpansen David Greybeard, zu dem sie ein besonders vertrauensvolles Verhältnis hatte.
Foto: Jane Goodall Institut
Als sich die Welt veränderte
In den neunziger Jahren änderte sich für Jane alles. Ihre Freundin und Mitstreiterin Dian Fossey, die im benacbarten Ruanda Gorillas erforschte, wurde in ihrem Camp ermordet. Auch Gombe, wo Jane forschte, veränderte sich: Die Armut der Menschen dort zwang sie, die Wälder abzuholzen und Schimpansen zu jagen, um sie zu Geld zu machen. Das Schicksal dieser Tiere, die auf Märkten verkauft, in Forschungslaboren gehalten oder in der Unterhaltungsindustrie zum Einsatz kamen, war für Jane Goodall unerträglich. Sie erkannte: Um den Schimpansen wirklich zu helfen, musste sie den Nationalpark verlassen – sie musste raus und den Menschen von ihren Beobachtungen und Erkenntnissen berichten. Sie begriff im Gespräch mit Politikern, Unternehmern und Wissenschaftlern, dass alles, was auf der Welt passiert, miteinander zusammenhängt, dass die Entscheidungen, die Konsumenten und Unternehmen treffen, Einfluss haben auf das Leben von Menschen und Tieren auf der anderen Seite des Globus.
Jane Goodall gründete eine Auffangstation für verwaiste Affenbabys und erschuf das Projekt TACARE, das den Einwohnern von Gombe durch Bildung, medizinische Versorgung und wirtschaftlicher Hilfe umweltfreundlichere Perspektiven gibt. Und schließlich gründete sie Roots & Shoots.
Jane Goodall bei einem Treffen mit Kindern aus dem Projekt „Roots & Shoots“. Der Plüschaffe im Bild gehört Jane Goodall. Sie nimmt ihn überallhin mit und wer möchte, darf ihn berühren. Angeblich haben ihn bereits der Dalai-Lama, Angelina Jolie und andere prominente Menschen in den Händen gehalten.
Foto: Robert Ratzer
Ihre Botschaft: Es gibt noch Grund zur Hoffnung
Jane Goodall reist seit vielen Jahren um die Welt, um ihre Botschaft zu verbreiten. Sie inspiriert viele junge Menschen und ermutigt sie, sich für Natur und Tiere einzusetzen. Es sind die Begegnungen mit ihnen, die ihr Hoffnung schenken. „Diese Hoffnung treibt mich an“, sagt Jane Goodall in ihrem Podcast „The Hopecast“. Darin unterhält sie sich mit Menschen, die ihren Beitrag für eine gesunde Erde leisten und darüber erzählen. „Wir brauchen junge Leute, die begriffen haben, dass Geld nicht alles ist. Wenn diese jungen Menschen ihre Positionen in der Erwachsenenwelt einnehmen und dort Entscheidungen treffen, dann wird sich die Welt ändern.“
1 Jane Goodall: Mein Leben für Tiere und Natur – 50 Jahre in Gombe, Bassermann Verlag, 2010
TEXT: Elisabeth Menzel und Juliane Kunz
FOTOS: Jane Goodall Institut Deutschland
VIDEO UND SCHNITT: Matthias Obermeier