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Mit einem Rotationsverdampfer destilliert Dr. Peter Lorenz auf schonende Weise Lösungsmittel aus den flüssigen Pflanzenextrakten.
Wien in den 1930er Jahren. Die junge Forscherin, Entwicklerin und Kosmetikerin Elisabeth Sigmund sitzt in einer Klosterbibliothek, vertieft in ein verstaubtes Medizinbuch. Was sie dort über Heilpflanzen liest, macht sie neugierig. Besonders eine Pflanze, die nur selten Erwähnung in den Kräuterbüchern des Altertums findet, weckt ihr Interesse: der Wundklee, den die Menschen im Mittelalter bei Verletzungen, Geschwüren und Hauterkrankungen angewendet haben. Die beschriebene Heilwirkung auf die Haut lässt Elisabeth Sigmund aufhorchen. Sie erkennt die besonderen Eigenschaften des Wundklees und macht ihn, als sie in den 1960er Jahren zur WALA kommt, zum festen Bestandteil der Dr. Hauschka Kosmetik – dabei wusste sie darüber nicht viel mehr als das, was sie in den Büchern gelesen und bei ihren praktischen Forschungen mit selbst hergestellten Cremes und Salben herausgefunden hatte.
Altes Kraut, moderne Forschung
Bad Boll im Jahr 2021. In seinem Labor in Bad Boll nimmt Dr. Peter Lorenz, Naturstoffexperte der Abteilung Phytochemische Forschung der WALA Heilmittel GmbH, die Inhaltsstoffe des Wundklees seit eineinhalb Jahren ganz genau unter die Lupe. „Ein Chemiker kann aufgrund der Stoffe, die er findet, etwas über die Wirkung sagen. Denn viele der Pflanzenstoffe sind heute aufgrund unserer naturstoffchemischen Forschung bekannt“, sagt Dr. Lorenz. „Wir haben inzwischen sehr moderne Methoden zur Analyse.“ Mit Hilfe von Reagenzgläsern, Kolben, Bechergläsern oder Destillationskühlern sowie Lösungsmitteln wie Alkohol untersucht er die chemische Zusammensetzung von Pflanzen. In Laborgeräten, etwa Chromatographen oder Rotationsverdampfern, lassen sich Naturstoffe auftrennen und chemische Substanzen nachweisen. Aus Wundklee gewonnene Öl-Auszüge und Essenzen werden seit vielen Jahren zur Herstellung von Kosmetika genutzt. Aber genaue Informationen über die Zusammensetzung der Wundklee-Extrakte lagen bislang kaum vor.
Schutz vor Entzündungen und UV-Strahlen
Im Wesentlichen enthält Wundklee zwei Stoffklassen: Flavonoide, das sind gelbe Pflanzenstoffe, und Saponine, das sind schäumende Stoffe. Sie wirken hautschützend und entzündungshemmend. „Wir wollen mit unserer Kosmetik ja auch die Haut vor Entzündungen und äußeren Einflüssen wie Umweltgiften oder UV-Strahlung schützen“, betont Dr. Lorenz. „Elisabeth Sigmunds ursprüngliche Intention einer heilenden Kosmetik wäre mit der Verwendung von Wundklee verwirklicht.“ Unterm Strich, sagt er, haben die Menschen im Mittelalter aus heutiger Sicht eine etwas naive Folgerung getroffen, wenn sie Wundklee als Wundpflaster nutzten – bewährt hat sie sich aber trotzdem.
Geprüfte Qualität aus dem Labor
Während man sich vielleicht erst einmal nicht so richtig vorstellen kann, wie spannend die Erforschung von Wundklee für einen Wissenschaftler ist, klingt aus der Stimme von Dr. Lorenz pure Begeisterung. „Wir haben zwei neue Molekülverbindungen gefunden, die vorher in der Literatur gar nicht bekannt waren“, berichtet er nicht ohne Stolz. Mehr möchte der Chemiker aber noch nicht verraten – und er will deren direkte Wirkung auf die Haut in den kommenden Jahren noch genauer untersuchen. In „seiner“ kleinen Abteilung bei der WALA untersuchen Experten seit 13 Jahren die chemische Zusammensetzung der Kräuter, die in der Dr. Hauschka Kosmetik verwendet werden. „Es ist wichtig, die Chemie zu kennen, auch um die hohe Qualität unserer Präparate sicherzustellen“, betont Dr. Lorenz. Darüber hinaus wollen er und seine Kollegen das Wissen über alte Arzneipflanzen vertiefen.
Gerade beim Wundklee können sich die WALA Wissenschaftler kaum auf vorhandenes Wissen stützen, denn die Pflanze ist bisher nicht gut erforscht. „Der Anteil der Wundklee-Extrakte in unserer Kosmetik ist sehr hoch, andererseits ist bisher die Datenlage zur Chemie sehr dünn“, so Peter Lorenz. Das liege daran, dass Wundklee bisher insgesamt relativ selten Anwendung findet. Er hofft nun, dass sich aus seiner Forschung weitere Anwendungsfelder für Wundklee in der Dr. Hauschka Kosmetik ergeben.
Wundklee auf dem Sonnenhof
Früher stammten die von der WALA verarbeiteten Blüten des Wundklees aus Wildsammlungen – die Schwäbische Alb mit ihren nährstoffarmen, kalkhaltigen Böden ist ein beliebter Standort der Pflanze. Seit gut 15 Jahren wird Wundklee kultiviert und auf etwa 0,5 Hektar auf dem Sonnenhof angebaut, einem Demeter-Bauernhof der WALA in der Nähe von Bad Boll. Das ergibt im Jahr etwa eine Tonne Frischpflanzen für die Dr. Hauschka Kosmetik. Der Wundklee wird nach der Ernte direkt zu Essenzen oder nach Trocknung zu Öl-Auszügen verarbeitet.
TEXT: Thomas Weilacher
FOTOS: WALA Heilmittel GmbH